Der Choreograph: Roman - Sonderausgabe zum 70. Geburtstag - Håkan Nessers erster Roman erstmals auf Deutsch (German Edition) by Nesser Håkan

Der Choreograph: Roman - Sonderausgabe zum 70. Geburtstag - Håkan Nessers erster Roman erstmals auf Deutsch (German Edition) by Nesser Håkan

Autor:Nesser, Håkan [Nesser, Håkan]
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: btb Verlag
veröffentlicht: 2020-02-16T16:00:00+00:00


XX

Bereits in K. waren wir ziemlich verspätet. Am Abend zuvor war ein Schneebrett auf die Gleise gerutscht, die Räumungsarbeiten waren erst gegen Morgen beendet gewesen. Der Zug zur Hauptstadt wurde erst in einigen Stunden erwartet.

»Lawinen im Dezember?«, wunderte Chevouz sich.

Skeptisch wie immer. Während einiger Herbstwochen hatte ich gemeinsam mit Chevouz eine Versuchsreihe durchgeführt, er war der Älteste von uns allen; ein dünner, alter Mann mit einer ausgeprägten Vitalität, ein Wissenschaftler, für den das Ziel so gut wie nichts bedeutete, der Weg alles. Ich glaube, er hielt es fast für Blasphemie, wenn man über das Resultat sprach, bevor man die vollkommene Methode gefunden hatte.

»Verflucht!«, schimpfte Sieber und entledigte sich seines Rucksacks. »Dann müssen wir uns wohl damit abfinden, dass wir unsere Reise im Zentrum des Todes beginnen. Darf ich in meiner Eigenschaft als Reiseleiter vorschlagen, dass wir das Beste aus der Situation machen und uns eine Karaffe Glühwein bestellen?«

Wir waren also fünf, die K. an diesem kalten Dezembermorgen verlassen wollten. Sieber, lang und wettergegerbt, ein umstrittener Name in unserer Fachwelt, da er immer wieder Standpunkte vertrat, die von vielen als das vollkommene Gegenteil von Y.s und Q.s ursprünglichen Ideen angesehen wurden; ja, und dann Chevouz, ich selbst und Goldstein. Und der junge Riverton, der uns aber nur bis W.-E. begleiten wollte, wo seine Ehefrau und sein Kind auf ihn warteten. Wenn ich es recht verstanden hatte, dann hatte er erst vor wenigen Stunden ein Telegramm bekommen, in dem stand, dass sie am selben Nachmittag aus Neuseeland ankommen würden.

Ein schweigsamer junger Mann, dieser Riverton, selbst unter uns fiel das auf. Ich erinnere mich, dass ich die Situation im Bahnhofsrestaurant für einen Moment etwas anstrengend fand. Goldstein und Chevouz hatten sich in die Schlange eingereiht, um Tageszeitungen zu besorgen, Sieber war in der Küche verschwunden, um Glühwein zu beschaffen. Riverton und ich waren allein am Tisch sitzen geblieben, ohne irgendwelchen Gesprächsstoff zu finden, stattdessen fing ich an, das schmutzige Wachstischtuch mit Hilfe einer Serviette zu säubern. Riverton putzte seine Brille. Dann kamen Goldstein und Chevouz mit acht Zeitungen in fünf verschiedenen Sprachen zurück, die hiesigen mit heutigem Datum, die ausländischen bis zu einer Woche alt, und Sieber erschien mit einer Zweiliterkaraffe, eingetaucht in ein dampfend heißes Wasserbad.

Zeitungen zu lesen, daran Teil zu haben, was draußen in der Welt vor sich ging, war im Institut keine übliche Beschäftigung, doch an diesem Morgen verfielen wir alle der Versuchung. Sieber rief nach Zimtschnecken, Riverton bestellte Kaffee, wenn ich mich recht erinnere, wir zündeten unsere Pfeifen und unsere Zigaretten an und versanken in der Zeitungslektüre.

»Es scheint sich noch ein Unwetter ganz anderen Kalibers zusammenzubrauen!«

Chevouz faltete sorgfältig seine Zeitung zusammen und zeigte mit dem Pfeifenstiel auf ein Foto, das ein Viertel der Titelseite einnahm. Vier hochgestellte Militärangehörige.

»Es würde mich nicht verwundern, wenn wir eine neue Regierung haben, wenn wir zurückkommen!«

»Regierung?«

Sieber stellte seinen Becher hin und schaute Chevouz über den Rand seiner Zeitung an.

»Mein lieber Chevouz, hier geht es nicht um eine neue Regierung. Hier geht es um eine neue Staatsform! Du glaubst doch wohl nicht, dass diesen Figuren



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